Mehr als 370 Millionen Mädchen und Frauen sind laut Unicef von sexueller Gewalt betroffen

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Mehr als 370 Millionen Mädchen und Frauen sind laut Unicef von sexueller Gewalt betroffen

Eine neue Studie von UNICEF legt eine erschütternde Realität offen: Mehr als 370 Millionen Mädchen weltweit sind vor ihrem 18. Lebensjahr Opfer sexueller Gewalt geworden. Diese Zahl entspricht nahezu jedem achten Mädchen und verdeutlicht das Ausmaß eines globalen Problems, das oft im Verborgenen bleibt.

Die Folgen sind tiefgreifend: Die Folgen dieser traumatisierenden Erlebnisse reichen von psychischen Erkrankungen über soziale Ausgrenzung bis hin zu einer erhöhten Vulnerabilität in späteren Lebensphasen. Das Schicksal der 15-jährigen Viehhirtin aus Äthiopien, die nach einer Vergewaltigung aus ihrer Gemeinschaft verstoßen wurde, ist nur ein Beispiel für die verheerenden Auswirkungen sexueller Gewalt.

Ursachen und Risikofaktoren: Armut, Konflikte, ungleiche Geschlechterrollen und mangelnder Zugang zu Bildung sind nur einige der Faktoren, die Mädchen besonders verwundbar machen. Auch der zunehmende Missbrauch im Internet stellt eine große Gefahr dar.

Ein globales Problem erfordert globale Lösungen: Um dieses Problem effektiv zu bekämpfen, sind umfassende Maßnahmen auf allen Ebenen erforderlich. Dazu gehören:

  • Prävention: Aufklärungsprogramme, die Kinder und Jugendliche über sexuelle Gewalt informieren und ihnen beibringen, wie sie sich schützen können.
  • Schutz: Sichere Räume für Kinder, in denen sie sich öffnen und Unterstützung finden können.
  • Verfolgung: Konsequente Strafverfolgung von Tätern, um ein klares Zeichen zu setzen.
  • Unterstützung für Opfer: Therapieangebote und soziale Dienste, die Betroffenen helfen, ihre Traumata zu überwinden und ein neues Leben zu beginnen.

Ein Appell zum Handeln: Die UNICEF-Studie ist ein Weckruf für uns alle. Es ist an der Zeit, dieses Tabu zu brechen und gemeinsam für eine Welt einzutreten, in der jedes Kind sicher aufwachsen kann. Indem wir über sexuelle Gewalt sprechen, Vorurteile abbauen und uns für die Rechte von Mädchen einsetzen, können wir einen wichtigen Beitrag leisten.”

Alle Kulturen und Kontinente sind betroffen

Die Erfassung von Daten erweist sich als komplex, nicht zuletzt wegen der Stigmatisierung, die mit dem Thema verbunden ist. Aus diesem Grund nimmt die Organisation an, dass die tatsächliche Zahl unaufgedeckter Fälle noch höher ist.

Für ihre Studie verwendete Unicef national repräsentative Umfragen, die zwischen 2010 und 2022 in 120 Ländern und Regionen durchgeführt wurden. Die regionalen Schätzungen beinhalten Daten, die mehr als 70 Prozent der erwachsenen weiblichen Bevölkerung in den jeweiligen Gebieten repräsentieren. Lediglich in Nordafrika und Westasien liegt die Erfassungsquote unter 50 Prozent. Unicef merkt an, dass ein Vergleich der Zahlen zwischen den Regionen nicht immer möglich ist, da die Datenqualität variiert.

Weltweit sind Kinder auf allen Kontinenten, in allen kulturellen Milieus und in allen sozialen Schichten von sexueller Gewalt betroffen. Besonders hoch sind die Schätzungen in Regionen, in denen Krieg oder andere Konflikte herrschen, die Institutionen schwach sind oder viele Flüchtlinge leben. Dort haben Mädchen und Frauen sogar ein Risiko von 1:4, Opfer sexueller Gewalt zu werden.

Sexuelle Gewalt wird in Kriegsregionen gezielt als Waffe eingesetzt. Zu Beginn des Oktobers berichtete die NGO Ärzte ohne Grenzen (MSF), dass im Bürgerkrieg im Ostkongo die Fälle sexueller Gewalt stark zugenommen haben. Im Jahr 2023 behandelte MSF 25.000 Opfer, mehr als jemals zuvor.

Die höchste Anzahl missbrauchter und vergewaltigter Mädchen weist laut Unicef die Region Subsahara auf, wo 79 Millionen Frauen (das sind 22 Prozent der Frauen in der Region) betroffen sind. In Ost- und Südostasien sind 75 Millionen Frauen betroffen (8 Prozent). In Ozeanien war die Zahl der Betroffenen mit 6 Millionen prozentual am höchsten, nämlich 34 Prozent.

Armut ist ein weiterer Faktor, der das Risiko für sexuellen Missbrauch erhöht. Unicef schildert das Beispiel eines elfjährigen pakistanischen Knaben, der im Alter von acht Jahren vergewaltigt wurde. Nach der Vergewaltigung gab der Täter ihm Geld. Das Kind stammt aus prekären Verhältnissen, eine Schule besucht es nicht. Heute lebt der Junge mit seiner Mutter bei einem Mann, der das Kind gegen Geld sexuell ausbeuten lässt.

Statistiken zur sexuellen Gewalt an Jungen sind weniger umfassend dokumentiert als jene für Mädchen. Weltweit führt nur ein Sechstel der Staaten systematische nationale Erhebungen zum Missbrauch von Jungen durch. Schätzungen von Unicef zufolge haben zwischen 240 und 310 Millionen Jungen und Männer – also jeder elfte – in ihrer Kindheit und Jugend sexuelle Gewalt erfahren. Werden auch „berührungslose“ Gewaltformen einbezogen, erhöhen sich die Zahlen auf 410 bis 530 Millionen.

Geschlechtskrankheiten und psychische Traumata

Unabhängig vom Geschlecht sind die Folgen für Kinder dramatisch und führen zu tiefen Traumata. Betroffene tragen ein erhöhtes Risiko für sexuell übertragbare Infektionen, Drogenmissbrauch und psychische Störungen. Laut Unicef verschlimmern sich diese Probleme, wenn Kinder ihre Erlebnisse verzögert mitteilen oder den Missbrauch verschweigen. Um das volle Ausmaß des Problems zu verstehen, ist eine verstärkte Investition in die Datenerhebung notwendig, da große Informationslücken bestehen.

Zum Schutz von Kindern müssen soziale und kulturelle Normen geändert werden, betont Unicef. Es bedarf zudem strengerer Gesetze zur Ahndung sexueller Gewalt gegen Kinder. Jedes betroffene Kind sollte Zugang zu Einrichtungen haben, die medizinische, soziale und rechtliche Unterstützung bieten. Catherine Russel, Exekutivdirektorin von Unicef, äußert sich wie folgt: „Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein Makel auf unserem moralischen Gewissen.“

Image by akiragiulia from Pixabay


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