Seit über drei Jahrzehnten prägt die Bedrohung durch ein atomar bewaffnetes Iran die politische Agenda Israels, allen voran die des langjährigen Premierministers Benjamin Netanjahu. Was 1992 als Warnung begann, mündete im Juni 2025 in die militärische Operation “Rising Lion” – ein Präventivschlag, der die Welt in Atem hält und die Region in eine neue Ära der Unsicherheit katapultiert.
Netanjahus jahrzehntelange Warnungen: Eine Chronologie der Eskalation
Die Geschichte von Netanjahus unermüdlichem Kampf gegen das iranische Atomprogramm ist eine Geschichte von wiederholten Warnungen, diplomatischen Bemühungen und der stetigen Forderung nach militärischem Eingreifen.
1992: Die ersten Glocken läuten Bereits als Parlamentarier warnte Netanjahu die Knesset, das israelische Parlament, dass der Iran nur “drei bis fünf Jahre” von der Entwicklung von Atomwaffen entfernt sei. Seine Forderung nach einer von den USA geführten internationalen Koalition zur “Ausrottung” dieser Bedrohung markierte den Beginn einer Obsession, die sein politisches Wirken maßgeblich prägen sollte.
1995: “Kampf gegen den Terrorismus” und die nukleare Gefahr In seinem Buch “Kampf gegen den Terrorismus” bekräftigte Netanjahu seine Einschätzung, der Iran stehe kurz vor der nuklearen Fähigkeit. Trotz des Ausbleibens der vorhergesagten Zeitlinie hielt er an der Dringlichkeit der Bedrohung fest.
1996: Warnungen vor dem US-Kongress Während seiner ersten Amtszeit als Premierminister (1996–1999) warnte Netanjahu vor dem US-Kongress vor “katastrophalen Folgen” einer iranischen Atomwaffe für Israel, den Nahen Osten und die Welt. Die Frist sei “extrem nah”.
2002–2012: Verschärfte Rhetorik und internationale Aufmerksamkeit Mit dem Fortschreiten des iranischen Atomprogramms verschärfte sich Netanjahus Rhetorik. Im Jahr 2010 bezeichnete er den Iran in einem Interview mit “The Atlantic” als “messianischen apokalyptischen Kult”, der Atombomben kontrollieren wolle. 2012 behauptete er in nichtöffentlichen Gesprächen, der Iran sei “nur noch wenige Monate” von der nuklearen Fähigkeit entfernt. Seine Rede vor den Vereinten Nationen im selben Jahr, untermauert durch eine vielbeachtete Cartoon-Bombenillustration, suggerierte, der Iran könne innerhalb eines Jahres eine Waffe bauen. Pikant hierbei: Durchgesickerte israelische Geheimdienstdepeschen aus dem Jahr 2012, über die Al Jazeera berichtete, offenbarten, dass Israels eigener Mossad einschätzte, der Iran strebe nicht aktiv nach einer Atomwaffe. Dies stand in direktem Widerspruch zu Netanjahus öffentlichen Behauptungen.
2015: Ablehnung des Atomabkommens (JCPOA) Netanjahu sprach erneut vor dem US-Kongress und lehnte den von der Obama-Regierung ausgehandelten Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA) entschieden ab. Er argumentierte, das Abkommen ebne dem Iran einen “Weg zur Bombe”. Diese Rede belastete die Beziehungen zwischen den USA und Israel, spiegelte jedoch seine langjährige Überzeugung wider, dass nur militärische Aktionen den Iran stoppen könnten.
2018: Trumps Rückzug aus dem JCPOA und Spott aus Teheran Netanjahu lobte Präsident Trumps Entscheidung, sich aus dem JCPOA zurückzuziehen, und plädierte weiterhin für eine harte Haltung. Der damalige iranische Außenminister Mohammad Javad Zarif verspottete Netanjahu als “den Jungen, der Wolf schrie”, eine Anspielung auf seine wiederholten Warnungen.
2023–2024: Der Iran als “Kopf der Krake” Nach dem Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 bezeichnete Netanjahu den Iran als “Kopf der Krake” und verknüpfte dessen nukleare Ambitionen mit der Unterstützung für Stellvertretergruppen wie die Hamas und die Hisbollah. Er argumentierte, die Schwächung dieser Stellvertreter schaffe ein strategisches Fenster für Angriffe auf die iranischen Atomanlagen.
2025: Operation Rising Lion – Der Präventivschlag Am 13. Juni 2025 startete Israel die Operation Rising Lion, einen groß angelegten Angriff auf die iranischen Atomanlagen, die militärische Führung und das Raketenprogramm. Ziele wie Natanz wurden ins Visier genommen und Persönlichkeiten wie der Kommandeur der Revolutionsgarden, General Hossein Salami, getötet. Netanjahu rechtfertigte die Angriffe als notwendig, um den Iran daran zu hindern, innerhalb von “einem Jahr oder ein paar Monaten” eine Atomwaffe zu produzieren. Er behauptete, Geheimdienstinformationen hätten gezeigt, dass der Iran genug Material für neun bis fünfzehn Bomben habe.
Analyse: Dauer und Motivationen hinter Netanjahus Entschlossenheit
Netanjahus jahrzehntelange Befürwortung eines militärischen Vorgehens gegen das iranische Atomprogramm kulminierte in den Angriffen von 2025. Seine wiederholte Darstellung des Iran als existenzielle Bedrohung, oft begleitet von Vergleichen mit den Nazis und Holocaust-Bildern, unterstrich die von ihm wahrgenommene Dringlichkeit. Kritiker, wie in “The Intercept” (2015) zitiert, warfen ihm vor, Zeitpläne übertrieben zu haben, da seine Behauptungen, der Iran sei in den Jahren 1992, 1995, 2002, 2009 und 2012 “Monate entfernt” von einer Bombe gewesen, nicht mit den Einschätzungen israelischer oder US-amerikanischer Geheimdienste übereinstimmten, die keine Beweise für ein aktives iranisches Waffenprogramm fanden.
Mehrere Faktoren erklären die Langlebigkeit und Intensität von Netanjahus Haltung:
- Wahrnehmung der strategischen Bedrohung: Netanjahu betrachtete einen nuklear bewaffneten Iran stets als Israels größte existenzielle Bedrohung. Diese Überzeugung wurzelt in der anti-israelischen Rhetorik des Iran seit 1979 und seiner Unterstützung für Gruppen wie die Hisbollah und die Hamas. Die Angriffe im Jahr 2025 wurden als Präventivschlag gewertet und beriefen sich auf den iranischen Vorrat an 60 % angereichertem Uran, das laut IAEA-Berichten für mehrere Bomben ausreichen würde, wenn es weiter angereichert wird.
- Politisches und persönliches Vermächtnis: Oft als “Mr. Security” bezeichnet, hat Netanjahu seine politische Marke untrennbar mit dem Schutz Israels verbunden. Der Hamas-Angriff im Jahr 2023 beschädigte seinen Ruf. Der Angriff auf den Iran im Jahr 2025 wurde als Versuch gewertet, seine Falkenhaftigkeit wiederherzustellen und sein Vermächtnis als Israels am längsten amtierender Premierminister zu sichern.
- Widerstand gegen die Diplomatie: Netanjahu lehnte den JCPOA von 2015 ab und äußerte sich skeptisch gegenüber Trumps Atomgesprächen mit dem Iran im Jahr 2025. Er befürchtete, dass diese dem Iran ermöglichen würden, Anreicherungskapazitäten zu behalten. Die Angriffe im Jahr 2025, die wenige Tage vor der geplanten sechsten Runde der Gespräche zwischen den USA und dem Iran im Oman gestartet wurden, könnten darauf abzielen, die Verhandlungen, die er als schwach ansah, zum Scheitern zu bringen.
- Strategisches Fenster: Die Schwächung der iranischen Stellvertreter (Hamas im Jahr 2023, Hisbollah im Jahr 2024) und die Unterstützung der USA unter Präsident Trump, der Israel 2020 in das CENTCOM aufnahm, schufen einen günstigen Zeitpunkt zum Handeln. Israelische Medien berichteten von einer Abstimmung mit den USA, wobei einige vermuteten, dass Trumps öffentlicher Widerstand ein Trick war, um den Iran unvorbereitet zu treffen.

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