“Ectolife”: Der (Alb-)Traum von Menschen die in Brutkammern heranwachsen

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Ectolife Der Alb-Traum von Menschen die in Brutkammern heranwachsen

Die Fortschritte in der Reproduktionsmedizin waren in den letzten Jahrzehnten beeindruckend. Technologien wie Inkubatoren oder In-vitro-Fertilisation bieten vielen Frühgeborenen eine Chance auf gesundes Wachstum und Paaren, die sonst keine Kinder haben könnten, die Möglichkeit, Eltern zu werden.

Der in Berlin ansässige Molekularbiologe und Wissenschaftskommunikator Hashem Al-Ghaili zeigt in einem Konzeptvideo, wohin diese Entwicklung führen könnte. Der PR-Clip des Unternehmens Ectolife präsentiert eine Anlage, die mit erneuerbaren Energien betrieben wird und in der bis zu 30.000 Menschen in künstlichen Gebärmüttern heranwachsen könnten.

Der Clip wurde auf YouTube bereits etwa 150.000 Mal aufgerufen und hat zu Diskussionen in den Kommentaren und auf anderen sozialen Netzwerken geführt. Ectolifes System soll 50 Jahre interdisziplinäre Forschung vereinen, um auch Frauen, die aufgrund einer Krebserkrankung oder anderen gesundheitlichen Problemen nicht selbst schwanger werden können, den Kinderwunsch zu erfüllen.

Manche entscheiden sich gegen die Mühen und gesundheitlichen Gefahren einer Schwangerschaft. Zugleich könnte dies eine Antwort auf den Bevölkerungsrückgang sein, mit dem einige Länder bereits konfrontiert sind.

In “Brutstationen” würden genetisch ausgewählte In-vitro-Embryonen durch ein von künstlicher Intelligenz gesteuertes System ernährt und ständig medizinisch überwacht, während sie in keimfreien Kapseln heranwachsen. Eltern könnten via App den Fortschritt verfolgen, durch eingebaute Kameras zuschauen und über Lautsprecher mit ihrem Kind sprechen oder Musik spielen. Eine Haptikweste könnte die Bewegungen des Kindes fühlbar machen.

Ectolife würde auch den Geburtsprozess verändern. Anstelle langwieriger Wehen oder riskanter Eingriffe wie einem Kaiserschnitt genügt ein Knopfdruck, um das künstliche Fruchtwasser abzulassen und die Kammer zu öffnen.

Mit dem Premiumpaket könnte man vor Beginn der Laborschwangerschaft das Kind nach Wunsch gestalten. Dank Crispr/Cas9 könnten viele Merkmale wie Haut- und Augenfarbe, Größe oder Intelligenz bestimmt werden.

Erinnerungen an “Matrix” und “Gattaca”

Trotz der verheißungsvollen Versprechen ruft das etwa neunminütige Video hauptsächlich negative Reaktionen hervor. Manche Beobachter sehen in Ectolife einen Schritt hin zur Entmenschlichung und den Verlust der emotionalen und physischen Bindung zwischen Kindern und ihren Eltern. Ebenso werden Bedenken hinsichtlich der wachsenden Kontrolle von Unternehmen über das menschliche Leben und des Missbrauchspotenzials durch staatliche Akteure geäußert.

Häufig werden daher Vergleiche mit verschiedenen Science-Fiction-Werken gezogen. So wird beispielsweise “Gattaca” erwähnt, wo eine zunehmende Konkurrenz zwischen genetisch modifizierten und natürlich gezeugten Menschen entsteht. Auch finden sich Anspielungen auf “Matrix”, in dem herrschende Maschinen Menschen in großen Anlagen zur Energiegewinnung züchten.

Der Clip schafft es also nicht nur, ein mögliches Zukunftsbild zu skizzieren, das die Forschung langsam erreichen könnte, sondern auch Debatten über ethische Fragen zu entfachen. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Wie weit darf der Mensch in die Schöpfung neuen Lebens eingreifen – und wo müssen wir die Grenzen setzen?


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