Erdbeere: 43 000 Euro für einen Mord

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Erdbeere 43 000 Euro für einen Mord

Handgranaten, Kindersoldaten und ein Bandenchef namens Erdbeere: Der Bandenkrieg in Schweden könnte auf Dänemark übergreifen. Kopenhagen macht dafür Stockholm verantwortlich.

In Dänemark werben kriminelle Banden seit geraumer Zeit über Plattformen wie Telegram junge Schweden an, um Gewalttaten zu begehen. Laut dem Sender DR werden den Jugendlichen für einen Mord bis zu 325.000 dänische Kronen (etwa 43 000 Euro) geboten. Seit April hat die dänische Polizei 25 Fälle verzeichnet, bei denen schwedische Staatsangehörige beteiligt waren.

Die schwedische Polizei schätzt, dass 700 schwedische Jugendliche in Gefahr sind, von dänischen Banden rekrutiert zu werden. Ein weiteres Problem ist, dass die dänischen Behörden befürchten, der Bandenkrieg aus Schweden könnte sich über die Meerenge Öresund nach Kopenhagen ausweiten.

Der schwedische Bandenchef und das Haschischgeschäft

In Schweden ist die Gangkriminalität außer Kontrolle geraten. Es wird geschätzt, dass bis zu 62.000 Personen Verbindungen zu Banden haben. Auch Dänemark machte in der Vergangenheit mit gewalttätigen Konflikten zwischen rivalisierenden Gangs Schlagzeilen, allerdings in einem anderen Ausmaß. Ende 2023 registrierte die dänische Polizei 1.257 Personen mit Verbindungen zu kriminellen Gruppierungen. Die einflussreichste davon ist die Loyal-to-Familia-Gang.

Die nationale Polizeieinheit, zuständig für organisierte Kriminalität, beobachtet seit einigen Wochen einen Konflikt zwischen Loyal to Familia und einer bisher unbekannten Gruppierung. Laut Recherchen der Boulevardzeitung „Ekstra Bladet“ handelt es sich dabei um eine schwedisch-dänische Bande mit Verbindungen in die Türkei. Eine ihrer führenden Figuren ist Ismail Abdo, auch bekannt als „Jordgubben“ (auf Deutsch: Erdbeere).

Abdo war bis vor kurzem Teil der schwedischen Foxtrot-Gang, einer Bande, die den schwedischen Drogenmarkt kontrolliert. Im letzten Herbst zerstritt er sich mit deren Chef Rawa Majid. Ihre Streitigkeiten trugen die Männer in einem blutigen Bandenkrieg in Schwedens Vorstädten aus. Mindestens zwölf Personen – unter ihnen auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger – starben.

Dem “Ekstra Bladet” zufolge soll Adbo nun Haschisch von der Türkei nach Dänemark verkaufen und behauptet, von Loyal to Familia bestohlen worden zu sein. Es wird berichtet, dass Abdos Leute in Dänemark gezielt Jugendliche aus Schweden anwerben, um Loyal to Familia zu bekämpfen.

Die dänische Polizei ist der Ansicht, dass schwedische Gangs noch nicht versuchen, sich in Dänemark niederzulassen. Allerdings sind ihre Methoden schon in Kopenhagen präsent. Polizeichef Thorkild Fogde äußerte gegenüber der Zeitung “Politiken”, dass man es mit sehr jungen Tätern zu tun habe, die bisher ungewöhnlich waren. In Schweden ist die Rekrutierung von Minderjährigen bereits seit längerem ein bekanntes Problem. Fogde zufolge haben diese Jugendlichen oft nur eine schwache oder keine Verbindung zu den Gangs und werden über das Internet angeworben, um Aufträge auszuführen, die auch schwere Verbrechen wie Mord umfassen können.

Justizminister will Schweden zur Verantwortung ziehen

Die mögliche Ausweitung des schwedischen Bandenkriegs auf Dänemark stellt für die dortigen Behörden ein lang gefürchtetes Schreckensszenario dar. Der dänische Justizminister Peter Hummelgaard äußerte am Montag den Wunsch, Druck auf die schwedische Regierung auszuüben, damit diese Verantwortung für die Lage übernimmt. Schon letzte Woche betonte er in einem Interview mit “Politiken”: “Wir wollen keine Kindersoldaten aus schwedischen Gangkreisen in Dänemark.”

Als erste Maßnahmen kündigte Hummelgaard strengere Grenzkontrollen und eine intensivere Zusammenarbeit mit der schwedischen Polizei an. Zudem startete er eine Medienkampagne in Schweden, um Jugendliche vor den strengeren Strafen für Gewaltverbrechen in Dänemark zu warnen: “Du kommst nicht einfach davon, nur weil du minderjährig bist”, erklärte er gegenüber der schwedischen Nachrichtenagentur TT. In Schweden werden jugendliche Mörder, Räuber und Drogendealer nicht bestraft, sondern in geschlossenen Einrichtungen therapeutisch betreut.

Der schwedische Polizeichef Hakan Wall lehnt derweil jede Verantwortung ab. “Schweden ist nicht für die gesamte Kriminalität in Dänemark verantwortlich”, entgegnete er am Mittwoch gegenüber TT. Es sei nicht Schwedens Aufgabe, das Problem alleine zu lösen.

Image by SILKE from Pixabay


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