Die Wohlstandstheologie, eine umstrittene Glaubensrichtung, die materiellen Reichtum als göttlichen Segen interpretiert, hat sich bis in die höchsten Kreise der amerikanischen Politik ausgebreitet. Insbesondere unter der Präsidentschaft von Donald Trump erlangte diese Lehre, die das Streben nach finanziellem Erfolg und körperlichem Wohlergehen als Gottes Willen ansieht, beispiellosen Einfluss.
Das Büro des Glaubens im Weißen Haus und Paula White
Donald Trump, bekannt für seine unkonventionellen Ansätze, hat während seiner zweiten Amtszeit das „Büro des Glaubens“ im Weißen Haus etabliert. Ziel dieser Einrichtung ist es, “religiöse Einrichtungen, Gemeindeorganisationen und Gotteshäuser in ihren Bemühungen zu unterstützen, amerikanische Familien zu stärken, Arbeit und Eigenständigkeit zu fördern und die Religionsfreiheit zu schützen”. Eine Schlüsselfigur in diesem Büro und Trumps langjährige spirituelle Beraterin ist die Fernsehpredigerin Paula White.
White, die bereits bei Trumps Investiturzeremonie 2017 eine prominente Rolle spielte, traf den ehemaligen Präsidenten Ende 2001 oder Anfang 2002. Trump, beeindruckt von ihren Predigten im christlichen Fernsehen, erkannte in ihr den “Faktor”, der ihn offenbar besonders ansprach. Ihre öffentliche Unterstützung für Trump erreichte 2020 einen Höhepunkt, als sie, inmitten der Auszählung der Präsidentschaftsstimmen, die bereits einen Sieg Joe Bidens andeuteten, eine “dämonische Konföderation” beschuldigte, die Wahl stehlen zu wollen. Ihre Gebete und Erklärungen, dass Präsident Trump jede Strategie der Hölle besiegen und seine Berufung erfüllen werde, hallten in den Medien wider.
Materieller Wohlstand als göttliches Zeichen: Die Kernbotschaft der Wohlstandstheologie
Paula White ist eine der prominentesten Verteidigerinnen der Wohlstandstheologie. Sie vertritt die Ansicht, dass materieller Wohlstand ein klares Zeichen göttlichen Segens ist – eine Überzeugung, die sich mit Trumps eigener Denkweise deckt. Diese theologische Strömung, wie von J. Matthew Wilson in seinem Buch “From Pews to Polling Places: Faith and Politics in the American Religious Mosaic” (2007) analysiert, postuliert, dass finanzieller Segen und körperliches Wohlergehen stets dem Willen Gottes entsprechen. Glaube, positive Bekundungen und Spenden an religiöse Organisationen sollen den materiellen Reichtum einer Person mehren.
Die Wohlstandstheologie sieht die Bibel als einen Vertrag zwischen Gott und den Menschen: Wer an Gott glaubt, dem wird Sicherheit und Wohlstand zuteil. Krankheit und Armut werden in diesem Kontext als Flüche interpretiert, die durch starken Glauben gebrochen werden können. Befürworter glauben, dass Sühne durch positive Bekenntnisse, Visualisierung und finanzielle Gaben an die Kirche erreicht wird. Dieses Prinzip lässt sich leicht mit dem wirtschaftlichen Neoliberalismus verflechten, da es die Rolle des Staates als Garant für eine gerechtere Verteilung des Reichtums in Frage stellt.
Historische Wurzeln und prominente Vertreter
Obwohl die Wohlstandstheologie ihren Ursprung in der Bewegung des Neuen Denkens des 19. Jahrhunderts zu haben scheint, gewann sie erst in den 1950er Jahren an Bedeutung. Sie spielte eine zentrale Rolle in der Diskurs- und Fernsehevangelisation des “Wortes des Glaubens” in den 1980er Jahren und wurde später von einflussreichen Persönlichkeiten der Pfingstbewegung und Charismatischen Bewegung in den Vereinigten Staaten übernommen.
Neben Paula White zählen heute Persönlichkeiten wie Kenneth Copeland, der Hingabe an Gott als “eine Investition” betrachtet, Creflo Dollar, der den “Wohlstand des Gläubigen” unverblümt als “Gottes Wille” deklariert, und Joel Osteen zu ihren prominentesten Vertretern. Obwohl Osteen das Etikett vermeidet, vertritt auch er die Ansicht, dass Wohlstand Gesundheit, gute Kinder und inneren Frieden umfasst, und dass Geld ein Teil davon ist – Gott möchte, dass wir “exzellent” sind.
Kritik und Auswirkungen der Wohlstandstheologie
In den Vereinigten Staaten hat diese Theologie, die eine grenzenlose Liebe zum Geld propagiert, nicht nur Anhänger aus der Mittelschicht, sondern auch viele der Ärmsten angezogen. Besonders in schwarzen und hispanischen Kirchen sowie unter Einwanderern, die auf Erfolg hoffen, hat sie ein signifikantes Wachstum erlebt.
Trotz ihrer Popularität steht die Wohlstandstheologie in den USA auch massiver Kritik gegenüber, selbst aus religiösen Kreisen. Der evangelikale Pastor Michael Catt betont, dass sie wenig mit der traditionellen christlichen Theologie gemein hat, da der Jesus Christus der Evangelien materiellen Reichtum verachtete. Rick Warren, Prediger und Gründer der Saddleback Church, kritisiert, dass dieses sehr pekuniäre Glaubensbekenntnis lediglich den Götzendienst des Geldes fördert. Die Verknüpfung von Glauben und materiellem Erfolg bleibt somit ein kontroverses Thema, das weiterhin Diskussionen über die wahre Natur des Glaubens und dessen Rolle in der Gesellschaft entfacht.

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