“Vorsicht vor Desinformation!”, warnt das Establishment der Wahrheitsdeuter in einer Endlosschleife. Die Schuld liege beim zu wenig regulierten Internet. Der deutsche IT-Branchenverband Bitkom möchte die Bürger davor schützen. Viele fühlen sich von der Flut an Nachrichten überfordert, wie der Verband nun – wenn auch etwas spät – festgestellt hat. Das Netz entwickelt sich laut Verband zunehmend zu einem Verbreiter von Falschnachrichten.
Bei all der Wahrheit, die in diesen wenig überraschenden Aussagen steckt, scheint es bei Studien wie dieser tatsächlich um Kontrolle zu gehen. Das Establishment kämpft um seine Deutungshoheit im staatlich organisierten Meinungsmanagement. Nach seiner Auffassung lügen immer nur die anderen: Nazis, Russen, Araber und insbesondere Palästinenser. Doch Propagandalügen sind auch eine Spezialität deutscher Leitmedien.
Es gibt zahlreiche Beispiele für Heuchelei und Desinformation im Land der selbsternannten “Wahrheitskommissare”. Kürzlich behauptete Michael Roth, der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland unverfroren, dass der Staat Palästina nicht anerkannt werden dürfe, weil die Autonomiebehörde im Westjordanland Israel nicht anerkenne.
Diese Behauptung ist leicht als falsch zu entlarven: Die Palästinensische Autonomiebehörde, die heute von Mahmud Abbas geleitet wird, erkennt Israel seit dem Osloer Friedensabkommen von 1993 offiziell an. Damit unterwarf sie sich der Besatzungsmacht. Zum Nachteil der Palästinenser hat Israel seine Besatzungsrepressionen seitdem stetig verschärft: Der Siedlungsbau nimmt zu, Kontrollpunkte entstehen überall, die Gefängnisse füllen sich zunehmend, und die Zahl der Toten steigt.
Es ist unwahrscheinlich, dass Roth sich der seit 30 Jahren bestehenden Realität nicht bewusst ist. Eine solche Unwissenheit wäre bei einem hochbezahlten deutschen Außenpolitiker wie ihm fast ebenso bedenklich, als hätte er bewusst eine Lüge öffentlich verbreitet.
Die renommierten deutschen Qualitätsmedien könnten Roths Falschaussage korrigieren. Doch dies ist im Konjunktiv zu verstehen, da eine Korrektur nicht erfolgte. Selbst öffentlich-rechtliche Sender wie das ZDF haben seine propagandistische Erzählung ohne Kommentar an die Öffentlichkeit weitergegeben.
Hinsichtlich des Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 sind im Internet viele israelische Propagandalügen zu finden. Die deutsche Presse hat diese unkorrigiert weiterverbreitet. So haben im Oktober mehrere führende Medien, einschließlich des Tagesspiegels, aus der israelischen Presse die entsetzliche Geschichte übernommen, dass die Hamas “bis zu 40 Babys und Kleinkinder geköpft und verstümmelt” habe.
Sogar das öffentlich-rechtliche ZDF verbreitete die Geschichte weiter. Die Jüdische Allgemeine stellte sie sogar als Fakt dar: “Im Kibbuz Kfar Azza hat die Hamas Babys und Frauen enthauptet.”
Die Story hat sich jedoch als erfundene Gräuelpropaganda herausgestellt, die von bestimmten Interessengruppen in Umlauf gebracht wurde. Trotzdem ist sie noch immer im Internet präsent, einschließlich in deutschen Leitmedien. Eine Korrektur der Artikel, wie es das Mindeste gemäß des Presserechts wäre, bleibt aus.
“Qualitäts”-Verschwörungsmythen
Deutsche Medien werden oft nicht nur in ihrer Berichterstattung über den Nahostkonflikt, sondern auch beim Thema Ukraine-Krieg als Werkzeuge der propagandistischen Desinformation und des politischen Meinungsmanagements kritisiert. Sie beschwören regelmäßig die “russische Gefahr” und verbreiten die Behauptung, Russland plane einen Überfall auf die EU – eine Vorstellung, für die es keinerlei Belege gibt und die von russischer Seite wiederholt dementiert wurde. Dennoch schürt die deutsche “Qualitätspresse” weiterhin Angst mit solchen absurden Verschwörungsmythen. Die Politik scheint die Bevölkerung rasch für den Krieg bereitmachen zu wollen, während die Rüstungsindustrie bereits von Sondergewinnen profitiert.
Berichte, wie die der Frankfurter Rundschau im Februar, dass sich Polen “auf einen Krieg mit Russland vorbereite”, oder die Behauptung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) im April, “viele Polen planten bereits die Flucht”, finden keine stichhaltigen Belege.
Faktenchecker-Märchenstunde
Die erwähnten Beispiele sind nur einige von vielen, die mit Desinformation und Mythen durchsetzte Propaganda in der deutschen Presse aufzeigen. Glücklicherweise gibt es heutzutage “Faktenchecker”, die selbsternannten demokratischen Interpreten der einzig wahren Wahrheit, immer bereit, wenn Unliebsames im Netz auftaucht. Doch das Problem ist, dass Unliebsames nicht immer falsch ist.
Auch die Faktenchecker machen manchmal Fehler. So stellte der ARD-Faktenfinder vor etwa einem Jahr die Behauptung auf, der renommierte Journalist Seymour Hersh habe in einem Artikel gesagt, der Anschlag auf die Nord-Stream-Leitungen sei mit einem “Sprengstoff in Pflanzenform” durchgeführt worden.
Das Ziel des Faktenchecks schien klar: Man wollte Hershs journalistische Kompetenz in Frage stellen und ihn als “tüddeligen alten Mann” darstellen, der nur noch Unsinn verbreitet. Aber es ging nach hinten los, als auffiel, dass etwas nicht stimmte. Ein Shitstorm traf die Tagesschau.
Es lag an einem Übersetzungsfehler, so die fast entschuldigende Erklärung von t-online, der FAZ und anderen. Nach dem Motto: Fehler passieren, auch Faktenchecker sind nur Menschen. Das Format der Tagesschau änderte seinen Beitrag zwar leicht ab, die Unterstellung, Hersh sei senil, blieb jedoch bestehen.
Deutungshoheit
Die Implikation solcher Studien ist offensichtlich: Es gibt die Guten, die angeblich nie Propaganda betreiben, und auf der anderen Seite die bösen Propagandisten. Diese Vorstellung ist ebenso absurd wie die Aufrufe der rechten “bürgerlichen Mitte” zu Protesten “gegen rechts”.
In der Realität strebt das Establishment nach alleiniger Deutungshoheit. Je mehr seine Politik der Allgemeinheit schadet, desto lauter und moralischer wird die Propaganda. Diejenigen, die Kriege fördern und Energiepreise in die Höhe treiben, haben jeden Grund, ihre Propagandamaschinerie auf Hochtouren zu bringen – um den Anschein von Demokratie zu wahren. Der Westen weiß, wie man seinen Unrat geschickt unter den Teppich kehrt.
Bild: lightwise
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