Eine wissenschaftliche Studie hat Mikroplastik in den Hodengeweben aller teilnehmenden Männer und Hunde entdeckt, was laut den durchführenden Forschern zum signifikanten Rückgang der Spermienzahl beitragen könnte, der in den letzten Jahrzehnten bei Männern beobachtet wurde.
Die Autoren erläutern in der Fachzeitschrift Toxicological Sciences, dass diese Erkenntnis aus der Autopsieanalyse von 23 Hoden verstorbener Spender und 47 Hoden von Haushunden resultiert. Bei dieser Untersuchung wurden in sämtlichen Proben Mikroplastikfragmente gefunden.
In den vergangenen Jahren haben mehrere Studien, insbesondere eine in der Fachzeitschrift Human Reproduction Update veröffentlichte, einen drastischen Rückgang der Spermienzahl bei Männern festgestellt, der zwischen 1973 und 2018 über 50 % betragen haben könnte.
Eine Vielzahl möglicher Ursachen wurde für dieses beunruhigende Phänomen vorgeschlagen. Beispielsweise haben Studien Faktoren wie chemische Kontamination durch Pestizideinsatz nahegelegt, wie eine Überprüfung und Metaanalyse in “Frontiers in Endocrinology” zeigt. Mit dem Sammeln neuer Beweise wird nun auch die Exposition gegenüber Mikroplastik in diese Liste aufgenommen.
In der betreffenden Studie lösten die Forscher Gewebe auf, das von verstorbenen Spendern aus dem Jahr 2016 und von Hunden aus tierärztlichen Kastrationsoperationen stammte, um die darin verbliebenen Kunststoffreste zu analysieren.
Es stellte sich heraus, dass die Kunststoffkonzentration in menschlichen Hoden fast dreimal so hoch war wie bei Hunden: durchschnittlich 330 μg (Mikrogramm) pro Gramm Gewebe bei Hunden im Vergleich zu 123 μg/g bei Menschen. Das am häufigsten gefundene Material in den Proben war Polyethylen, das unter anderem zur Herstellung von Plastikflaschen und -tüten verwendet wird, gefolgt von PVC.
Die Präsenz von PVC ist besonders alarmierend, da es verschiedene Chemikalien freisetzen kann, die laut einigen Studien (zum Beispiel Untersuchungen an Arbeitern in einer PVC-Pellet-Fabrik, veröffentlicht in Fertility & Sterility) den Prozess der Spermatogenese stören und hormonelle Veränderungen hervorrufen könnten.
Es sollte erwähnt werden, dass dies nicht das erste Mal ist, dass Mikroplastik in menschlichen Hoden oder Sperma entdeckt wurde. Eine kleinere Studie aus China berichtete letztes Jahr, dass Mikroplastik in sechs menschlichen Hoden und 30 Spermienproben gefunden wurde, laut der Zeitschrift Science of the Total Environment.
Ähnlich haben einige Studien an Mäusen (veröffentlicht in Toxicology und dem Journal of Hazardous Materials) nahegelegt, dass Mikroplastikexposition mit Reproduktionstoxizität in Verbindung stehen könnte, was sich in einer reduzierten Spermienanzahl oder hormonellen Störungen äußern kann. Diese Annahmen müssen allerdings noch durch Humanstudien bestätigt werden.
Die Auswirkungen der Mikroplastikverschmutzung werden sowohl in der Umwelt als auch im menschlichen Körper immer offensichtlicher. Studien haben bereits Mikroplastik im Blutkreislauf und in der Plazenta schwangerer Frauen nachgewiesen, wie in der Zeitschrift Environment International dokumentiert; zudem wurde es in entlegenen Gebieten wie der Arktis und dem Everest gefunden. Das zunehmende Wissen über die Folgen von Mikroplastik für unsere Gesundheit macht es zu einem ernsthaften öffentlichen Gesundheitsproblem und betont die Dringlichkeit umfassender Maßnahmen, um den potenziellen Schaden für Millionen von Menschen zu minimieren.
Bild:atlasfoto
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