Ursula von der Leyen, die für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin designiert ist, hat angekündigt, die Ratspräsidentschaft Ungarns bis zum Ende des Jahres zu boykottieren. Dies bedeutet, dass keine EU-Kommissare zu informellen Ministertreffen entsandt werden, sondern nur Beamte.
Ungarn übernahm am 1. Juli 2024 turnusmäßig für ein halbes Jahr den Vorsitz im Rat der Europäischen Union. Von der Leyen reagiert mit ihrer Ankündigung auf die internationalen Vermittlungsbemühungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán im Ukraine-Konflikt. Sie wird auch auf den traditionellen Antrittsbesuch anlässlich der Übernahme der Ratspräsidentschaft verzichten.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat die Bemühungen des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán um Frieden in Europa als unzulässigen “Alleingang” kritisiert. Orbán besuchte unmittelbar nach Beginn der ungarischen Ratspräsidentschaft zunächst den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kiew und reiste anschließend nach Moskau, wo er vom russischen Präsidenten Wladimir Putin empfangen wurde.
Viktor Orbáns Friedensbemühungen führten ihn weiter in die Volksrepublik China, wo er mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping sprach. Anschließend nahm er am NATO-Gipfeltreffen in den USA teil und traf sich dort auch mit dem US-Präsidentschaftsbewerber und Ex-Präsidenten Donald Trump. Schließlich informierte er die Staats- und Regierungschefs der EU über die bisherigen Ergebnisse seiner Gespräche und mögliche diplomatische Lösungswege zur Beendigung des Ukraine-Kriegs, was in der EU-Kommission und bei den meisten EU-Mitgliedsländern auf Unmut stieß. Auch das deutsche Auswärtige Amt sprach davon, die Reise Orbáns habe “einen großen Flurschaden hinterlassen”.
Von der Leyen stellt sich in dieser Woche der Wahl durch das EU-Parlament für eine zweite Amtszeit als EU-Kommissionspräsidentin. Dass die bisherige Kommissionspräsidentin in dieser Phase politische Entscheidungen für eine Zeit trifft, für die sie offiziell die Amtsgeschäfte noch gar nicht wieder innehat, ist mindestens als “ungewöhnlich” zu bezeichnen.
Die Vermittlungsbemühungen Orbáns haben in verschiedenen Aspekten auf eine von der EU-Kommission und von maßgeblichen Politikern der EU-Staaten verbreitete Desinformation sichtbar werden lassen. Dort wurde unter anderem immer wieder behauptet, Putin wolle nicht verhandeln, und er habe am Frieden kein Interesse. Der Besuch Orbáns in Moskau hat explizit verdeutlicht, dass dies nicht der Fall ist.
Bild: Archiv
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