Die Libyen-Mission der Vereinten Nationen äußerte am späten Donnerstag ihre Besorgnis über Berichte, die eine Mobilisierung von Kräften in Tripolis und die Drohung mit Gewalt zur Lösung einer Krise um die Kontrolle der Zentralbank des Landes betreffen.
Die stellvertretende Missionsleiterin Stephanie Koury hatte schon am Montag vor dem UN-Sicherheitsrat erklärt, dass sich die politische und militärische Situation in Libyen in den letzten zwei Monaten rapide verschlechtert habe, einschließlich mehrerer Mobilisierungen bewaffneter Gruppen.
Die neueste Welle der Spannungen entstand, nachdem der Vorsitzende des Präsidialrats, Mohammed al-Menfi, die Entscheidung verkündete, den Chef der Libyschen Zentralbank (CBL), Sadiq al-Kabir, und den Vorstand zu ersetzen, was das Parlament im Osten jedoch ablehnte. Zudem wurde der IT-Chef der Libyschen Zentralbank vorübergehend entführt, woraufhin die Bank ihre Tätigkeit vollständig einstellte.
Rivalisierende bewaffnete Gruppierungen mobilisierten daraufhin auf beiden Seiten. Die Zentralbank, in die Umsätze aus dem Öl- und Gasgeschäft fließen – etwa 95 Prozent der staatlichen Einnahmen –, ist unter anderem für die Auszahlung öffentlicher Gehälter zuständig, auch im Osten des Landes.
Seit 2014 ist Libyen gespalten, mit rivalisierenden Machtzentren im Osten und Westen. Die von der UNO anerkannte Regierung der Nationalen Einheit befindet sich in Tripolis im Westen, während die konkurrierende Regierung ihren Sitz in Tobruk, Ostlibyen, hat. In den vergangenen zehn Jahren versuchten beide Regierungen wiederholt, jedoch erfolglos, die Kontrolle über das jeweils andere Gebiet zu erlangen.
Ende Juli und Anfang August kam es zur Mobilisierung rivalisierender Gruppen im Nordwesten Libyens, zeitgleich verlegten die Libyschen Streitkräfte (LNA) Truppen in den Südwesten, was Befürchtungen vor Auseinandersetzungen zwischen dem Osten und Westen schürte.
Die Regierung in Ost-Libyen erhält Unterstützung vom ehemaligen General und Politiker Khalifa Haftar, der mehrere bewaffnete Gruppen befehligt. Vor über zwei Wochen schienen sich Haftars Streitkräfte auf die Hauptstadt Tripolis zuzubewegen. Haftar hatte bereits 2019 einen Angriff auf Tripolis gestartet, war jedoch gezwungen, im folgenden Jahr einen Waffenstillstand zu akzeptieren.
Haftar behauptete, dass Truppen unter dem Kommando seines Sohnes Saddam unterwegs seien, um die libyschen Grenzen zu schützen und gegen Drogen- und Menschenhandel sowie Terrorismus vorzugehen. Militäranalysten hegen jedoch den Verdacht, dass der Milizenführer andere Absichten verfolgt.
Seit einiger Zeit zielen Haftars Kräfte darauf ab, die Kontrolle über den Flughafen Ghadames und die umliegende Region zu erlangen. Dies würde gleichzeitig der rivalisierenden Einheitsregierung in Tripolis den Zugang zum Flughafen verwehren. Eine Einnahme von Ghadames durch Haftars Truppen würde “offiziell den Zusammenbruch des Waffenstillstands von 2020 bedeuten”, so Tarek Megerisi, Libyen-Experte beim European Council on Foreign Relations, auf Plattform X.
Image by aymen-juha from Pixabay

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